Sie sind hier:

Nationaler Bildungsbericht 2020: Trends und Perspektiven der Weiterbildung

Frau auf einem Weg

Foto: Pixource - Pixabay

Alle zwei Jahre informiert der Bildungsbericht über Entwicklungen in sämtlichen Bildungsbereichen – von der frühkindlichen Bildung bis hin zur Weiterbildung/ Erwachsenenbildung. Richten tut er sich vor allem an Vertreter*innen der Bildungspolitik, -administration und Bildungspraxis.

Ausgewählte Ergebnisse für die Erwachsenenbildung

Die Teilnahme an non-formalen Bildungsaktivitäten ist auf den bisher höchsten Wert von 52 Prozent aller 18- bis 69-Jährigen. Der Anstieg geht insbesondere auf die betriebliche Weiterbildung zurück, die nach wie vor das stärkste Segment der Weiterbildung ist.

Die meisten Weiterbildungsstunden leisten kommerzielle Anbieter, die neben staatlichen und gemeinschaftlichen Anbietern vor allem die individuelle berufsbezogene Weiterbildung und die nichtberufsbezogene Weiterbildung bedienen. Dagegen zeigen sich keine großen Veränderungen in den Teilnahmequoten an formalen Bildungs- und informellen Lernaktivitäten Erwachsener.

Teilnahmechancen für Erwachsene weiterhin ungleich verteilt: Beschäftigte in kleinen Unternehmen, in weiterbildungsfernen Branchen (z. B. Gastronomie und Beherbergung), in Teilzeit und mit einfachem Tätigkeitsprofil erhalten mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit Weiterbildung durch ihren Arbeitgeber. Im Jahr 2018 förderten insgesamt 54 Prozent aller Unternehmen Weiterbildung in Form von Arbeitsfreistellung und/ oder Kostenübernahme. Besonders aktiv sind die Branchen Erziehung und Unterricht (87 Prozent), Gesundheits- und Sozialwesen (81 Prozent) sowie die öffentliche Verwaltung (85 Prozent).

Mit der 2019 beschlossenen Nationalen Weiterbildungsstrategie (NWS) wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket initiiert, das vor allem auch die Weiterbildungsaktivität mittelständischer Unternehmen fördern soll. Verschärft durch die Coronakiise wird jedoch erwartet, dass es kleineren Betrieben künftig noch schwerer fallen wird, weiterbildungsaktiv zu werden.

Trotz zunehmender Digitalisierung aller Lebensbereiche und somit auch der Weiterbildung dominieren Präsenzformate die Weiterbildung und das Lernen im Erwachsenenalter. Digitale Medien ergänzen diese Formate zwar zunehmend, ersetzen diese jedoch in der Regel nur selten. Die regionale Erreichbarkeit von Anbietern der Weiterbildung bleibt deswegen eine zentrale Voraussetzung für das Lernen Erwachsener. Da kommerzielle und betriebliche Anbieter sich aus reiner Marktlogik heraus eher auf bevölkerungs- und wirtschaftsstarke Regionen konzentrieren, können staatliche und gemeinschaftliche Anbieter hier Ungleichheiten kompensieren. Beide Anbietertypen haben zwar über ganz Deutschland verteilt Einrichtungen, dennoch zeigen sich starke regionale Unterschiede.

Die östlichen Bundesländer verfügen allgemein über eher weniger Einrichtungen. Auch die Weiterbildungsteilnahme ist in Ostdeutschland geringer.

Durch die Pandemie tritt der zuvor als Ausnahme deklarierte Fall ein, in dem Präsenzformate durch Onlineformate ersetzt werden. Wer jedoch nur über eine geringe Datenübertragungsrate verfügt, ist vom digitalen Angebot ausgeschlossen. Auch wer über geringe digitale Kompetenzen verfügt oder keine Erfahrung im Umgang mit digitalen Medien hat, wird nicht an digitaler Weiterbildung teilnehmen.

Interessant ist, dass die Teilnehmende mit ihrer Bildungsaktivität auch hoch zufrieden sind, wenn die direkte Anwendbarkeit des Gelernten weniger positiv beurteilt wird. Damit rücken weitere Erträge von Weiterbildung in den Fokus: positive individuelle und gesellschaftliche Wirkungen. Darunter fallen etwa ein höheres zivilgesellschaftliches Engagement und erhöhte Beschäftigungschancen und -sicherheit.

Gesteigerte Beschäftigungschancen haben auch Teilnehmende im Rahmen der nach den Sozialgesetzbüchern II und III öffentlich geförderten Weiterbildung, wobei hier starke Unterschiede zwischen einzelnen Berufsgruppen bestehen, die sich durch die Folgen der Corona-Pandemie verschärfen dürften. Negative Entwicklungen sind insbesondere in den Berufsgruppen zu erwarten, die durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ihren Tätigkeiten nicht nachgehen konnten und bei denen bereits zuvor Weiterbildung weniger häufig zu Beschäftigung führte (z. B. Verwaltungs-, Kamera-, Tontechnik, Schauspiel, Tanz und Bewegungskunst sowie Lehrtätige an außerschulischen Bildungseinrichtungen).

Weiterbildung ebnet den Weg zur Integration für Migrant*innen und Geflüchtete: Zentrales Instrument zur Förderung der Integration sind Integrationskurse, die sowohl die deutsche Sprache, als auch Geschichte, Recht, Kultur und grundlegende Werte vermitteln sollen. Die Zielerreichung wird über zwei Tests kontrolliert: über einen Sprachtest auf B1-Sprachniveau und den Test „Leben in Deutschland“. Seit 2016 schließen jedoch immer weniger Integrationskursteilnehmende mit B1-Niveau ab. Der Anteil bestandener Orientierungskurse sinkt ebenso.

Der Grund für die rückläufigen Abschlussquoten wird zum einen in schwierigen Lernvoraussetzungen, die die Teilnehmenden mitbringen, gesehen. Zum anderen hat aber auch das pädagogische Personal Unterstützungsbedarf, weil es vor große Herausforderungen hinsichtlich der kulturellen Unterschiede gestellt ist. Neben Integrationskursen spielen für Neuzugewanderte spielen auch formale Bildungsaktivitäten, mit denen diese Abschlüsse nachholen oder im Ausland erworbene Qualifikationen nachträglich anerkennen lassen können.

Link zum Nationalen Bildungsbericht 2020 als PDF-Dokument