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Die unsichtbaren Grenzen von Herkunft und Geschlecht: der Migrant-Gender-Pay-Gap

Trotz gleichem Anforderungsniveau und gleicher Berufsgruppe verdienen Beschäftigte aus Asylherkunftsländern in Engpassberufen weniger als ihre Kolleg*innen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Außerdem bekommen Männer im gleichen Beruf stets einen höheren Lohn als Frauen. Dies sind Ergebnisse der Studie "Ungleiche Bezahlung in Engpassberufen. Die unsichtbaren Grenzen von Herkunft und Geschlecht" der "IQ" Fachstelle Einwanderung und Integration.

KI-generiertes Bild von Männern und Frauen in einer Fabrik

Bild: KI erstellt

Schlechtere Bezahlung trotz gleichem Anforderungsniveau und Berufsgruppen

Die detaillierte Analyse zum Migrant-Gender-Pay-Gap basiert auf der Auswertung der Daten einer Sonderabfrage der Bundesagentur für Arbeit (BA) für den Zeitraum von 2016 bis 2021. Als Engpassberufen werden Berufskategorien gefasst, in denen es einen (kurzfristigen?) Mangel an qualifizierten Fachkräften gibt. Ein dauerhafter Mangel liegt vor, wenn Engpässe regelmäßig auftreten. Die Bundesagentur für Arbeit bewertet die Fachkräftesituation bundesweit jährlich anhand von sechs statistischen Indikatoren (u.a. der Besetzungsdauer für gemeldete offene Stellen, der berufsspezifischen Arbeitslosenquote und der Entgeltentwicklung). Für die Studie wurden ausgewählte Berufsgruppen betrachtet. 

In diesen Engpassberufen hat die Anzahl der Beschäftigten ohne deutsche Staatsangehörigkeit deutlich zugenommen, insbesondere in der Berufsgruppe Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe, wo sich die Zahl von 2016 bis 2021 verdoppelt hat. Der Anstieg in dieser Berufsgruppe ist besonders geprägt durch Fachkräfte aus Asylherkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien). Dies verdeutlicht die Aufwärtsmobilität von Menschen aus diesen Ländern. In absoluten Zahlen jedoch besitzt in Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe die Mehrheit der Beschäftigten ohne deutsche Staatsangehörigkeit eine Drittstaats- oder EU-Staatsangehörigkeit.

Gehaltslücke zwischen Beschäftigten mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit: der Migrant-Pay-Gap

Eine mögliche Erklärung für den Migrant-Pay-Gap könnte laut der "IQ"-Studie sein, dass Beschäftigte ohne deutsche Staatsangehörigkeit oft in Berufen arbeiten, die generell geringer entlohnt werden, was zu verzerrten Ergebnissen auf dieser branchenübergreifenden Fachkräfteebene führt. Um zu überprüfen, ob Gehaltsunterschiede auch bei Beschäftigten bestehen, die den gleichen Beruf ausüben, haben die Studienautor*innen sich deshalb die Gehaltsunterschiede innerhalb eines Berufs angeschaut.

Der Migrant-Pay-Gap ist demnach für alle Berufe nachweisbar, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. So zeigten sich die größten Lohnunterschiede zwischen Beschäftigten mit und ohne deutscher Staatsangehörigkeit im Jahr 2021 vor allem in den Baugewerbe- und Bauhandwerksberufen.

Unterschiede in der Staatsangehörigkeit dominieren die Lohnunterschiede

Im Vergleich der Gehälter von Frauen und Männern für die Jahre 2016 und 2021 zeigte sich, dass Frauen auf Fachkräfteanforderungsniveau, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und branchenübergreifend, weniger verdienten als Männer - der so genannte Gender-Pay-Gap. Hierbei zeigte sich, dass sich die Gehaltslücke über die Jahre hinweg kaum verringert hat. Der gleiche Trend war für die einzelnen Engpassberufe zu beobachten.

Migrant-Gender-Pay-Gap

In der Aufschlüsselung der Gehaltsunterschiede nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit (dem Migrant-Gender-Pay-Gap) auf Fachkräfteniveau und branchenübergreifend wurde jedoch deutlich, dass die Staatsangehörigkeit einen stärkeren Einfluss auf die Lohnunterschiede hat als das Geschlecht.

Fazit der Studie - Forderung nach Fairer Migration

Die Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit, Zugewanderte, sowohl Frauen als auch Männer, kontinuierlich dazu zu ermutigen, sich in Engpassberufen zu bewerben und in diesen zu arbeiten, um den Bedarf an Fachkräften in diesem Bereich zu decken. Essenziell sei für die dringend benötigten Fachkräfte eine gerechte Entlohnung, um sie nicht nur anzuwerben, sondern auch langfristig zu halten. Die Faktoren, die zu Gehaltsunterschieden zwischen deutschen und nicht-deutschen Staatsangehörigen führen, sollten genauer untersucht werden. Sie sollten stärker in die aktuelle öffentliche Debatte zum Thema Gender-Pay-Gap eingebracht werden. Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind hier gefordert, effektive Lösungen für dieses Problem zu erarbeiten und damit zu mehr (Lohn-)Gerechtigkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt beizutragen.

 

Die Studie steht online zum Lesen oder per Download als PDF-Dokument (48 S., 2 MB) zur Verfügung.